„Eiszeit Safari Allgäu“: Rückblick auf packenden Streifzug durch eisige Historie


Mit der „Eiszeit Safari Allgäu“ wagten die Museen der Stadt Kempten im Marstall erstmals eine naturwissenschaftliche Schau und landete damit bei Einheimischen und Gästen einen Volltreffer. Vom 28. Oktober 2023 bis zum 14. April 2024 strömten 44.000 Besucher:innen in die Ausstellung, um die faszinierende eiszeitliche Geschichte des Allgäus zu erleben. Die gelungene Mischung aus wissenschaftlich aufbereiteten Fakten und unterhaltsamen interaktiven Elementen begeisterte das Publikum.


Die "Big Six" und mehr: Eine Reise durch die Tierwelt der Eiszeit

Die Ausstellung "Eiszeit Safari Allgäu" tauchte in das Zeitfenster von vor etwa 15.000 bis 30.000 Jahren ein, als noch Mammutherden und Wollhaarnashörner unsere Landschaft durchstreiften, Höhlenlöwen zu den gefährlichsten Raubtieren zählten und Riesenhirsche mit ihren imposanten Geweihen selbst Wölfe beeindruckten.

Über 60 lebensechte Modelle, Skelette und Präparate vermittelten einen faszinierenden Einblick in die Tierwelt jener Epoche. Besucher konnten unter anderem die "Big Six" der Eiszeit bestaunen: Mammut, Höhlenlöwe, Riesenhirsch, Höhlenhyäne, Wollnashorn und Höhlenbär.

Lebendige Vergangenheit: Das Alltagsleben und die Kreativität der Eiszeitmenschen

Neben der faszinierenden Tier- und Pflanzenwelt lag der Fokus der Ausstellung besonders auf dem Alltagsleben der Menschen aus jener Zeit.

Wie gestaltete sich das Leben der Menschen in der rauen Natur am Ende der Eiszeit? Auf einer Ausstellungsfläche von 600 m² in den beiden Ausstellungssälen vermittelten rund 300 Exponate einen Einblick in das Leben der Menschen damals: Kein Komfort, kein Luxus, nah an den Elementen und im harten Miteinander mit wilden Tieren.

Die Ausstellung vermittelte lebendig, wie die frühen Menschen verschiedene Rohstoffe kreativ einsetzten, um ihr Überleben zu sichern: Sie formten Feuerstein zu Pfeil- und Speerspitzen sowie Werkzeugen zur Bearbeitung von Horn. Aus dem Horn wiederum fertigten sie Nähnadeln an, während getrocknete Hirschsehnen als Garn dienten. Tiere wurden nicht nur zum Zweck der Nahrungsbeschaffung gejagt, sondern dienten auch als bedeutende Rohstoffquelle für Kleidung, Werkzeuge und alltägliche Gegenstände.

Experten gehen davon aus, dass die Menschen in der Eiszeit ein nomadisches Leben führten und ihre Werkzeuge an verschiedenen Orten einsetzten. Dies erklärt, warum einige der ausgestellten Objekte 50 bis 200 Kilometer von ihrem ursprünglichen Fundort entfernt waren.

Manche Besucher mögen überrascht gewesen sein zu erfahren, dass es in der Eiszeit reichlich Freizeit gab. Die Menschen hatten in der Regel genug zu essen und Zeit, sich mit Kunst und Musik zu beschäftigen. Figürliche Kunst, Höhlenmalereien und Musikinstrumente sind Belege dafür.


Vom Höhlenmalen bis zur begehbaren Jurte: Spaß und Wissen in der Eiszeit Safari Allgäu

Die "Eiszeit Safari Allgäu" zeichnete sich besonders durch ihre Vielzahl an interaktiven Stationen aus. Die Ausstellung wurde als eine lebendige Zeitreise konzipiert, die Emotionen wecken und Begegnungen ermöglichen sollte.

Besucher konnten beispielsweise eine begehbare Jurte erkunden, an Hörstationen eiszeitliche Musik hören, an Taststationen Felle berühren, Tiergebisse und Abdrücke von Tierspuren fühlen oder einen Film erleben, der einen Überflug über Mitteleuropa während der Eiszeit zeigte. Auf spielerische Weise wurde so das Wissen über die letzte Eiszeit Europas vermittelt. Ein besonderer Höhepunkt war die Höhlenmalstation, die Besucher jeden Alters begeisterte und kreative Energien freisetzte.


Eiszeitliche Schätze: Die Geheimnisse der Vergangenheit im Allgäu

Ohne die eiszeitlichen Hinterlassenschaften wäre das heutige Allgäu und sein Alltagsleben nicht vorstellbar. Die Landschaft des Allgäus mit seinen Hügeln, Seen, Flüssen, Böden, Rohstoffen und Baumaterialien sind allesamt „Kinder“ der letzten Eiszeit.

In Kempten wurde das Ausstellungskonzept "Eiszeit Safari" der Mannheimer Museen weiterentwickelt und vom Team um Archäologin und Kuratorin Dr. Kerstin Batzel in liebevoller Detailarbeit um die eiszeitliche Geschichte des Allgäus ergänzt. „Wir haben eigens zum Allgäu recherchiert und entsprechende Expert:innen bei der Konzeption der Ausstellung mit ins Boot geholt. Einige Werkzeuge der eiszeitlichen Menschen, die u.a. in Füssen-Weißensee gefunden wurden, konnten wir erstmals der Öffentlichkeit präsentieren“, so Dr. Kerstin Batzel.

Eiszeit verstehen: Von der Urzeit bis zur Klimakrise im Allgäu

Die Ausstellung verdeutlichte auch die Aktualität des Themas Eiszeit. Veränderungen der Lebensumstände auf der Erde passieren nicht zum ersten Mal in ihrer Geschichte. Und ein Verständnis für die vergangene Zeit ist dabei grundlegend für die Prognose der Zukunft.

Das Ende des Rundgangs der Ausstellung thematisierte Fragen, Fakten und Folgen des aktuellen Klimawandels. Starkregenereignisse oder das Abschmelzen des Schwarzmilzferner Gletschers, des letzten Gletschers im Allgäu, zeigten, wie der Klimawandel sich ganz konkret auf das Allgäu auswirkt und regten zum Nachdenken an.


Fundgrube für eiszeitliche Bildung: Schulen erkundeten die Vergangenheit im Allgäu

Die Ausstellung bot Bildungseinrichtungen eine reiche Quelle zur Verknüpfung der eiszeitlichen Geschichte Europas mit der regionalen Historie. Sie diente als ergänzendes Angebot in den Fächern Geografie und Geschichte, aber auch Musik oder Kunst. Über 90 Schulklassen und Kindergruppen nahmen an Führungen teil, um ein tieferes Verständnis für die Bedingungen während der Eiszeit sowie das Leben des Homo sapiens sapiens im Allgäu und Schwaben zu erlangen.


Ausstellungs-Highlights

  • mehr als 60 lebensechte Tierrekonstruktionen
  • viele Skelette und Präparate
  • Multimedia-Stationen – wahlweise für Kinder oder für Erwachsene
  • Hörstationen mit eiszeitlicher Musik
  • eine begehbare Jurte
  • eine digitale Höhlenmalstation
  • ein Film mit dem Überflug über Mitteleuropa in der Eiszeit
  • mit Mammut "Molli" die Mitmach-Stationen entdecken
  • "Eiszeit-Reiseführer" als Begleitbuch zur Ausstellung
  • zahlreiche eiszeitliche Funde, z.B. Werkzeuge aus dem Allgäu

 

HöhlenlöweHöhlenlöwe © Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Foto: Marc Steinmetz

Ausstellungsbereiche


Höhlenbär© Kulturamt Kempten Foto: Roger Mayrock

Großer Ausstellungssaal

Im großen Ausstellungssaal trafen die Besuchenden auf etwa 60 lebensechte Modelle, Skelette und Präparate der Tierwelt von damals. Zu sehen waren unter anderem die „Big Six“ der Eiszeit: Mammut, Höhlenlöwe, Riesenhirsch, Höhlenhyäne, Wollnashorn und Höhlenbär. In einem animierten Überflug über Mitteleuropa tauchten Interessierte bildgewaltig und tief ein in die Zeit der letzten Kaltzeit. Das Ende des Rundgangs der Ausstellung thematisierte Fragen, Fakten und Folgen des aktuellen Klimawandels. Starkregenereignisse oder das Abschmelzen des Schwarzmilzferner Gletschers zeigten, wie der Klimawandel sich ganz konkret auf das Allgäu und die Menschen auswirkt.


Menschen in der EiszeitHomo sapiens sapiens, Foto: Karl Jena

Kleiner Ausstellungssaal

Im kleinen Ausstellungssaal drehte sich alles um das Leben der Eiszeit-Menschen: Vor etwa 11.750 Jahren durchstreiften die ersten Menschen das Allgäu und trafen auf die großen kaltzeitlichen Tiere, wie Mammut, Wollhaarnashorn oder auch Rentier, mit denen sie sich den Lebensraum teilten. Die Menschen, also der Homo sapiens sapiens, lebten als Jäger, Sammler und Nomaden im Allgäu. Sie wohnten u.a. in jurtenartigen Zelten aus Leder und nutzten die Ressourcen, die ihnen am Ende der Eiszeit zur Verfügung standen. Sie stellten Werkzeuge aus Feuersteinen her und jagten Mammute, zerlegten sie und verwendeten möglichst viele Teile von ihnen. 


"Eiszeit Safari Allgäu" war eine Sonderausstellung in Kooperation mit den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim.


Die Sonderausstellung "Eiszeit Safari Allgäu" wurde aus Mitteln des Kulturfonds Bayern 2023 gefördert.